Ausstellung
In sieben Klanginstallationen erzählen internationale Künstler*innen von ihrer Wahrnehmung der ökologischen Krise, machen Zerstörung und Klimawandel hörbar, schaffen Erinnerungsräume, positionieren sich oder übersetzen die Sprache der Wissenschaft in sinnlich erfahrbare Klänge und schaffen dadurch Wissensräume, in denen wir unser Bewusstsein und unsere Handlungsoptionen erweitern können.
Die Krise ist längst eine globale, wie wir in der Installation von Susie Ibarra lernen können, die mit einer Gruppe von jungen Frauen im von Wüstenbildung bedrohten südlichen Marokko die Klänge einer angepassten Wasserwirtschaft aufgenommen und zu einer Komposition verdichtet hat. In dem aus verschiedenen Medien und Materialien gewobenen Erzählnetz der chilenischen Klangkünstlerin Claudia González erfahren wir aus feministischer Perspektive etwas über eine durch den Bau einer riesigen Talsperre verödete Region – mit dramatischen Auswirkungen auf das Leben der Bevölkerung –, und erkennen, wie es Erinnerungen möglich machen, sich zukünftige Formen des Zusammenlebens vorzustellen. Die Gruppe FrauVonDa hat Wissenschaftler*innen und Künstler*innen in verschiedenen Ländern um die Ostsee zusammengeführt, um autonomen Lebensformen der Algen, des Planktons, an den Sinneswahrnehmungen des Störs, der Heringsschwärme in den Gewässern des Meeres und der Oder zu untersuchen, koloniale Strukturen zu reflektieren und einen Wissensraum für gegenseitiges Lernen zu schaffen. Jacob Kirkegaard bildet in seinen beiden eindringlichen Audiowerken die akustischen Rhythmen von Tierzucht und Abfallwirtschaft ab. Zwei Installationen werden mit nachhaltiger Energie betrieben. Die Klangblumen von Winfried Ritsch, die er gemeinsam mit einer Gruppe Jugendlicher in einem Workshop baut, tönen durch Solarenergie und erfüllen den Gräsergarten der Akademie mit zarten Klängen. Für die Installation von Daniel Rothman muss sich das Publikum selbst auf ein Fahrrad setzen und die Klanganlage, die in ein bioakustisches Refugium in Kalifornien eintauchen lässt, mit Strom versorgen: Die Geschwindigkeit des Tretens moduliert die Tonhöhe. In Deus Cantando von Peter Ablinger spricht ein Schüler – übersetzt in den Klang eines automatisch gesteuerten Klaviers – die Deklaration von Adolfo Perez Esquival und dem XIV. Dalai Lama für einen Internationalen Umweltgerichtshof im Jahr 2009 und mahnt klanglich verschlüsselt ein Handeln an. Über allem schwebt die Frage: Warum sind wir trotz Wissen hier angelangt?
Peter Ablinger: DEUS CANTANDO (God, singing) (2009) für computergesteuertes Klavier und Text (Declaration of the International Environmental Criminal Court), Halle 1
Claudia González Godoy: Hidroscopia/Maule (2021) multimediale Installation, Halle 3
Auftrag der IFA Galerie Stuttgart, Ausstellung „Umbrales – An der Schwelle“
Susie Ibarra: Stories of the desert in a changing climate (2022/2023, Uraufführung), audiovisuelle installative Mehrkanal-Komposition, Halle 1
Auftragskomposition der Akademie der Künste, finanziert durch eine Spende der Ruß Ingenieure AG, im Kontext des künstlerischen Forschungsprojekts von INGO und Music School Joudour Sahara, Komponistin Susie Ibarra und Openlab The Witness
Jacob Kirkegaard: LANDET (2022, deutsche Erstaufführung), TESTIMONIUM (2017) für 8-Kanal, Kurzfassungen für „Time to Listen“, Halle 2
FrauVonDa: Baltic Multiverse (2023, Uraufführung), Multimedia-Installation, Halle 2
Konzeption und künstlerische Leitung: Claudia van Hasselt & Nicolas Wiese
mit Arbeiten von: Casper Lindroos (Sound Art), Johan Karrento (Film), Nicolas Wiese (Video/Animation, Sound Art), Claudia van Hasselt (Video/Stimme, Sound Art), Ferdinand Breil (Sound Art), Michaela Vieser & Isaac Yuen (Nature Writing), Roman Schöne (Objekt)
Wissenschaftliche Begleitung: Tony Cederberg (Biologisk Station Husö, Åland), Jörn Gessner (Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei Berlin).
Produktion: FrauVonDa, gefördert durch Hauptstadtkulturfonds, Kurverwaltung Ahrenshoop, Künstlerhaus Lukas und Neues Kunsthaus, Finnland Institut in Deutschland, Aue Stiftung, Field Notes Programm
Für weitere Informationen: frauvonda.de
Winfried Ritsch: Der Gesang des Powerflower Netzwerks. Ein DIY-Workshop zur Erforschung eines vernetzten Schwarms robotischer Blumen; Power Flowers (PF) in Form von autonomen Klangautomaten, Gräsergarten, Vorplatz Akademie
In Zusammenarbeit mit Jugendlichen der Sommerakademie der MiK Jugendkunstschule Berlin Mitte
Daniel Rothman: Listening to Ballona in the natural history museum of the future (2023, Uraufführung), Installation, Andrea Heilrath: Entwicklung und Design des technischen Aufbaus, Buchengarten
Kooperation mit Villa Aurora & Thomas Mann House, mit Projektförderung durch die Schering Stiftung