30.5.2025, 23 Uhr

Akademie der Künste trauert um Christfried Schmidt (1932–2025)

Der Komponist Christfried Schmidt, am 26. November 1932 in Markersdorf (Landkreis Görlitz) geboren, starb am 29. April 2025 in Berlin. Er war Mitglied der Akademie der Künste der DDR und seit 1998 Mitglied der Sächsischen Akademie der Künste. 

Nach einem Kirchenmusikstudium an der Evangelischen Kirchenmusikschule Görlitz und an der Hochschule für Musik Leipzig begann dort bei Hermann Heyer seine Beschäftigung mit Neuer Musik. Seine Begegnung mit dem japanischen Musikwissenschaftler Ichirō Tamura in Warschau ermöglichte ihm die Aufführung seiner Werke in Japan. Seit 1980 lebte Schmidt als freischaffender Komponist in Berlin-Prenzlauer Berg. Die Uraufführung seines Oboenkonzertes durch Burkhard Glaetzner bei den DDR-Musiktagen 1984 bedeutete seinen künstlerischen Durchbruch. Seine hochkomplexen großen Orchesterstücke harrten oftmals jahrzehntelang der Uraufführung. Seine 2. Sinfonie „In memoriam Martin Luther King“ von 1968 wurde beispielsweise erst 53 Jahre später 2021 in der Dresdner Philharmonie uraufgeführt, seine 1975 komponierte Markuspassion wartete 45 Jahre auf die Uraufführung 2019 durch die Berliner Singakademie. 

Helmut Oehring, Mitglied der Akademie der Künste, würdigt Christfried Schmidt:

„KomponistInnen sind nicht nur MusikErfinderInnen, sondern auch so etwas wie SehnsuchtsAgenten. Und es war für mich auch und gerade dieser Christfried Schmidt, der in mir eine Suche nach skrupellosen Grenzgängern initiierte, die mit ihren Partituren neue Klangwelten entdeckten und ergebnisoffene Bewegtheit schufen - zu einer Zeit, in der Lähmung und Erstarrung den Teil Deutschlands erfasste, in dem ich aufwuchs. Die mit ihren Werken etwas oder einfach mal gleich alles aus den Angeln hoben, ungeschützte Vitalität provozierten und dabei immer wieder anders und neu das Kreierte und alles Drumherum ins Wackeln, Schwanken, Stürzen geraten ließen. Diese fortwährende Sehnsucht nach dem einen KeinZurückKlang und FragilbrachialRhythmus geheimer verdeckter Kommunikation. Alles immer ohne Netz und doppelten Boden, keine Limitierungen. Mit einem Verlangen nach Unruhe und: Systembruch. Nach entfesselten und entfesselnden kompromisslosen Ausdrucksformen. Musik wie ein AufRuf nicht zu Erstarren. Es ging dabei nie allein um gelungene MusikAutorenKreation, sondern auch um Authentizität, Haltung, Lebenswirklichkeit, Aufruhr, Protest. Das unzähmbare Feuer, aus einer Erzählungsglut entfacht durch die Klänge hindurch, habe ich in seinen und ihren Konzerten gesucht, um nach dieser unverschämten rücksichtslosen Radikalität des Verklingens zu ahnen, dass zu weit gegangen wurde, um dann plötzlich im Freien zu stehen.“

Die Akademie der Künste trauert um einen bedeutenden Komponisten. 

Manos Tsangaris
Präsident der Akademie der Künste