8.2.2022, 14 Uhr
Akademie der Künste trauert um Hans Neuenfels (1941–2022)
Der Theater- und Opernregisseur, Filmemacher, Autor und Intendant Hans Neuenfels, geboren 1941 in Krefeld, ist am 6. Februar 2022 in Berlin gestorben. Er war seit 2006 Mitglied der Akademie der Künste.
Hans Neuenfels schloss sein Regiestudium 1964 am Max-Reinhardt-Seminar in Wien ab. Feste Stationen seiner Laufbahn waren zwischen 1965 und 1968 Trier, Krefeld, Heidelberg, Stuttgart, seit 1972 das Schauspiel Frankfurt, wo er als Hausregisseur bis 1976 das Mitbestimmungsmodell mitformte, aber auch künstlerisch in Frage stellte, und bis 1980 als fester Gast arbeitete. Von 1986 bis 1990 war er Intendant der Freien Volksbühne Berlin, seit 1990 arbeitete er frei an allen großen deutschsprachigen Bühnen. 1962 begann die lebenslange Zusammenarbeit mit der Schauspielerin Elisabeth Trissenaar, seiner Protagonistin und Ehefrau. Sie war Darstellerin der großen Frauenrollen des klassischen Repertoires, das der Regisseur immer wieder aufsehenerregenden ästhetischen Neuerforschungen unterzog, der vielschichtigen Zeitgenossenschaft mit Autoren und Stoffen zugewandt, die Gültigkeit und Aktualität der Texte künstlerisch behauptend.
1974 debütierte er mit Verdis Trobadour in Nürnberg als Opernregisseur. Mit Verdis Aida in Frankfurt 1981 gelang ihm nach Patrice Chéreaus Ring 1976 in Bayreuth ein weiterer Durchbruch zur Befreiung des Musiktheaters in die Gegenwart. Oper stand ihm fortan dem Theater gleich, wurde schließlich zum Mittelpunkt seiner Arbeit. 1998 in Stuttgart fand er für Mozarts Entführung aus dem Serail die wunderschöne Besetzung der Sprechszenen mit Schauspielern als „zweiter Seele“ der Gesangsrollen. Die Wiederaufnahme dieser Arbeit in Wien 2020 wurde seine letzte Opernarbeit.
Akademie-Mitglied Jossi Wieler würdigt Hans Neuenfels:
„Wir trauern um Hans Neuenfels, den poetischen Wahrheitssucher und Weltenerfinder des Theaters. Er hat es jahrzehntelang geprägt, ob im Schauspiel oder im Musiktheater, mit seinen klugen, ins Unterbewusstsein der Werke hineinhorchenden Inszenierungen. Neugierig, mutig war er in seiner Kunst, für jedes Werk um eine eigene Erzählweise ringend, die Schmerzpunkte von Figuren zu berühren und sie freizulegen. So hat er das Verborgene, das Fremde in unserer Gesellschaft überhaupt in einer sich immer wieder wandelnden Theatersprache sichtbar werden lassen. Ein freier, ein großer Geist war Hans Neuenfels. Er wird dem Theater, er wird der Kunst, er wird uns allen fehlen.“
Die Akademie der Künste trauert um ihr Mitglied.
Jeanine Meerapfel
Präsidentin der Akademie der Künste