JUNGE AKADEMIE: Laboratory of Contested Space / Art & Truthtelling
Vor dem Hintergrund der weltweit erstarkten Rechten und gesellschaftlich umkämpfter (Deutungs-)Räume setzt sich das Laboratorium mit Digitalität, Post-Truth und Geschichtsschreibung sowie aktuellen künstlerischen Strategien gegen rechte Propaganda und Misinformation auseinander. Es wird untersucht, inwiefern diese in künstlerischen Kontexten dekonstruiert oder aufgedeckt werden können. Verfolgt wird ein interdisziplinärer und intersektionaler Diskussionsansatz.
Ursprünglich als öffentliche Veranstaltung in der Akademie am Pariser Platz mit szenischen Lesungen, Performances und einem Panel geplant, findet das Laboratory of Contested Space aufgrund der aktuellen Situation ausschließlich online statt: Ab dem 27.5.2020 teilen die Teilnehmer*innen Impulse-Lectures und künstlerische Beiträge in Form von Videos, die sie größtenteils während der Quarantäne produziert haben. Rezipient*innen sind eingeladen sich mit dem Themenkomplex über unterschiedliche politische Debatten, Ereignisse genauso wie persönliche Geschichten auseinanderzusetzen. Das Laboratorium ist ein Format der Recherche und des Austauschs mit offenem Ausgang.
Mit Beiträgen von Tatiana Bazzichelli, Göksu Kunak a.k.a. Gucci Chunk, Luiza Prado de O. Martins, Mykola Ridnyi, Cemile Sahin, Eva Tepest & Lynn Takeo Musiol, Christian Tschirner sowie Voin de Voin
Lynn Takeo Musiol & Eva Tepest
Gegenwart als future shock: Öffentliche Moral und queere Ethik in Zeiten der Pandemie
„I may be very sick just a few days from now and I may have infected others. My body might have caught the coronavirus in the past, making my future and those around me uncertain.“
(Iris van der Tuin)
Die Coronakrise konfrontiert unsere Gesellschaft mit einem nicht-linearen Verständnis von Zeitlichkeit und der Notwendigkeit, individuelle Freiheit vor dem Hintergrund der Sicherheit aller zu denken. Diese Individualisierung der Verantwortung stellt viele vor die Herausforderung, als selbstverständlich erachtete Privilegien in ein großflächig wirksames Netz von Solidarität zu überführen. Zugleich bedeutet diese Verschiebung für queere Minderheiten eine Krise im doppelten Sinne: Wenn Kontaktbeschränkungen am Sozialmaß der bürgerliche Kleinfamilie gemessen werden, erodieren bislang gelebte solidarische Praktiken alternativer Lebensmodelle. Um diesem Widerspruch einer Gegenwart ohne Gegenwehr, einer truth without physical attachment vorzubeugen, plädieren wir für eine queere Ethik der intimen Nachsicht und politischen Radikalität. Konkret werfen wir den Blick auf exemplarische künstlerische Strategien aus dem ACT UP-Umfeld.
Lecture (PDF)
Lynn Takeo Musiol ist freie Künstler*in und Autor*in mit einem Fokus auf Klasse, Queerness und Klima. Zuletzt arbeitete sie/er als kuratorische Assistent*in beim Berliner Herbstsalon des Maxim Gorki Theaters, ab der Spielzeit 2020/2021 arbeitet Lynn Takeo als Dramaturg*in am Schauspielhaus Düsseldorf.
Eva Tepest ist Autorin und Journalistin. Über Kultur und Medien, Queerness, Feminismus und den arabischen Raum schreibt sie regelmäßig für die taz, den Tagesspiegel und das Missy Magazine.
Eva und Lynn Takeo schreiben zusammen Prosa, Essay und Kritik u. a. für taz, Glitter, Dirty Debüt, metamorphosen und den Theatertreffen-Blog der Berliner Festspiele. Sie arbeiten an einem Roman.
Leseliste
Das Laboratorium ist kuratiert von Lynn Takeo Musiol und der JUNGEN AKADEMIE (Clara Herrmann / Leitung & Luise Pilz).
Die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) fördert das Veranstaltungsprogramm zur Ausstellung, in dessen Rahmen dieses digitale Angebot entstanden ist.