Kunstwelten 2010 Film und Gespräch mit Michael Verhoeven

Zum vierten Mal treffen Mitglieder und Stipendiaten der Akademie Kinder und Jugendliche aus Bitterfeld-Wolfen und Köthen, um ihnen ihre Arbeiten vorzustellen, mit ihnen darüber zu sprechen und in Kunstwerkstätten gemeinsam zu arbeiten.

Michael Verhoeven stellt im Industrie- und Filmmuseum Wolfen Gymnasisten und Berufsschülern seinen Dokumentarfilm "Menschliches Versagen" vor, der vom Jüdischen Filmfest in Berlin als bester deutscher Dokumentarfilm 2008 ausgezeichnet wurde.

Der mit dem Holocaust an Millionen Juden einhergehende Raubzug im nationalsozialistischen Deutschland wurde bisher wenig thematisiert. Denn es war nicht die Gestapo, die das Vermögen jüdischer Bürger beschlagnahmte; es waren deutsche Beamte in den Finanzbehörden, die Aktien, Unternehmen, Immobilien konfiszierten, ja sogar den geringsten persönlichen Besitz wie Leibwäsche und Kochtopf nahmen und an den Staat weitergaben, die in vielen Städten Verstei gerungen und Verkäufe „aus nicht arischem Besitz“ organisierten. Nicht blinder Hass, sondern eine nach modernen Prinzipien funktionierende Bürokratie und die „Goldgräberstimmung“ unter den Deutschen machten diese beispiellose
Ausplünderung möglich. In seiner aufrührenden Dokumentation erzählt Michael Verhoeven die Geschichten von betroffenen jüdischen Familien und belegt akribisch, wie viele Deutsche von diesen Enteignungen profitierten. Dem Regisseur geht es auch in diesem Film nicht allein im die Historie: „Die Vergangenheit berührt mich als nicht erledigtes Phänomen meiner Gegenwart – und darüber hinaus meiner Zukunft.“

Michael Verhoeven wurde 1938 als Sohn der Schauspielerin Doris Kiesow und des Schauspielers und Regisseurs Paul Verhoeven in Berlin geboren. Nach Beendigung seines Medizinstudiums arbeitete er als Arzt in Los Angeles und München. Seit 1967 ist er freier Regisseur. Für seine Filme, mit denen er immer wieder wichtige gesellschaftliche Debatten initiierte, wurde er mit deutschen und internationalen Preisen ausgezeichnet. Michael Verhoeven ist Mitglied der Akademie der
Künste und lebt mit seiner Ehefrau Senta Berger bei München.
Filme (Auswahl):
„O.K.“ (1970),
„Die weiße Rose“ (1982),
„Die Schnelle Gerdi“ (1988),
„Das schreckliche Mädchen“ (1988/89),
„Mutters Courage“ (1995),
„Der unbekannte
Soldat“ (2006),
„Menschliches Versagen“ (2008).

--> Programmflyer KUNSTWELTEN